In meinem altehrwürdigen Hotel gibt es auch ein Restaurant, fast ausschließlich von älteren Leuten frequentiert, es gibt für alle das gleiche 4-Gänge-Menü, wobei ich das Dessert wegen bereits erfolgter Magenfüllung ausließ. Die Verständigung ist radebrechend, Englisch beim Personal fast gleich Null, die Atmosphäre aber dennoch angenehm und freundlich.
Die Fahrt von Carcasonne hierher war die bisher beste, ganz überwiegend über einsame Landstraßen und Waldwege, nur einmal für etwa anderthalb Kilometer nicht asphaltiert: Das ist unangenehm für den Roller, aber angenehmer als Route Nacional oder auch stark befahrene Kreisstraße oder gar Autobahn. Anfangs durch Wein-, später durch Sonnenblumenfelder im sonnengurchglasten heißen Nachmittag, durch dutzende landwirtschaftlich geprägte, in der Hitze menschenleere Dörfer; es hatte mehr als 35 °C. Zwischen 13 und 16 Uhr sollte man dann nicht fahren, aber wo der Hitze entgehen, und möglichst auch noch vorankommen? Ich verbringe einen warmen Vollmondabend im ruhigen Örtchen. Am nächsten Tag kostet mich ein Abstecher nach Lourdes viel Zeit. Der Ort hat mir auch kein Heil gebracht, halt doch: Ich war froh, also sozusagen heilfroh, aus dem Ort entrinnen zu können. Anderthalb Stunden irrte ich dort herum, um zur berühmten Grotte zu kommen, allein es war unmöglich: Abgesperrt, Deviation, Einbahnstraßen. Das Navi war mit seinem Latein am Ende, zum Schluss, nach geschätzt drei praktisch identischen Schleifen auf derselben Route durch den Ort bin ich über einen Hügel zum Ortsanfang zurück, um ihn auf der anderen Seite zu umfahren. Viel Rummel um nichts.
(Wer mag, kann die Lourdes-Irrfahrt im Kartenausschnitt unten suchen, sie ist dort sehr detalliert dargestellt, wenn man vergrößert)
Ich übernachtete in San Sebastián. Da ich hier ja ein Roadmovie beschreibe, berichte ich halt weiter über Straße und Fahren.
Zwischen San Sebastián und Laredo lag wieder mal ein Tag der Irrfahrten (wer hineinzoomen möchte kann dies sehen): 50% Schuld geb ich dem Navi, 50% mir. Das Navi gibt sich ja inzwischen wirklich Mühe, rührende Mühe, um mich vor verkehrsreichen Straßen zu verschonen. Dabei schießt es bisweilen halt gewaltig übers Ziel hinaus: Zweimal Sackgassen nach mehreren Kilometern, davon einmal 15 km in die Berge, 5 km Kiesweg, zweimal Autobahn (einmal in der richtigen Richtung Santander, einmal in Gegenrichtung), überhaupt ganz nett bergig der obige Trackausschnitt (oberes Diagramm meiner Route Höhenprofil, unteres Geschwindigkeitsprofil): Der Vormittag war kühl am Golf von Biskaya, in den Bergen fror ich mit zwei Windjacken übereinander.
Auf einer der Sackgassen, hoch in die Berge, kommt auf dem schmalen einspurigen Sträßchen eine steile Haarnadelkurve. Ich lege mich ganz nach links in die Kurve um die selbe zu kriegen, bekomme das Übergewicht (möglicherweise ist auch das hochliegende Gepäck etwas verrutscht), ich gebe Vollgas um nicht umzukippen, schanze mit dem Roller links auf der Seite liegend über einen halben Meter Straßengraben, drehe mich in der Luft und lande in der einsamen Berggegend wie volltrunken aber total nüchtern auf der rechten Seite liegend in der Wiese. Mein Bein ist unter dem Roller eingeklemmt, ich kann es hervorziehen, mit Mühe das 150 kg-Gefährt aufrichten, finde auch eine Stelle, wo ich den Straßengraben passieren kann: Nichts passiert. Da ich bergauf stürzte, wurde der Sturz gemildert. Nicht mal ein Spiegel war verbogen, dank Plastikkarosserie nicht ein Kratzer oder eine Delle. Ein paar Hundert Meter weiter entfernte ich die Wiesenspuren vom Roller, und sogar die Erdspuren aus der Hose konnten einfach herausgeklopft werde: Schwer Glück gehabt.
In Laredo leistete ich mir deshalb zum Abendessen eine Flasche „Crianza Rioja„. Als ich in Laredo angelangt war, hatte ich 2500 km zurückgelegt. Zum fünften Teil: Laredo bis Aveiro