CP bei Estepona, Freitag, 13.05.1983, 10:00 Sie war es auch gestern nicht, mit Ausnahme eines schönen Vesperplatzes unter Apfelsinenbäumen. Das Tagesziel lag nur ca. 40 km entfernt, das war bei dem Gegenwind auch gut so. Abends: Wieder todmüde, trotzdem reichte es noch zu einem Skat mit dem Pärchen von nebenan. Beide um die 25, beide Verwaltungsbeamte, gespielt wurde mit einem Blatt, das auf der Rückseite mit dem Konterfei eines gewählt werden möchtenden CDU-Politikers geziert war. Wenig erquickend. Der CP ist zumindest für diese Jahreszeit einer der besten bisher: Angenehm belebt, sanitär gut, Schwimmbad, Pinien und Eukalyptusbäume spenden Schatten, ein nicht sehr verschmutzter Strand. Trotzdem hängt mir die Camplerei mehr und mehr zum Hals heraus. Ein Hotelzimmer hat auch seine Vorteile. Gestern Abend kühlte es merklich ab, auf vielleicht 17 °C. Heute Morgen ist der Himmel bedeckt, das erste Mal seit 12 Tagen. Vergangenheit und Zukunft holen mich langsam ein: Das Gespräch am gestrigen Abend beinhaltete auch die Lehrerarbeitslosigkeit; in der vergangenen Nacht wurde ich mit etwas Alptraumartigen aus dem Schulalltag beschert. Apropos Träume: In weiter zurückliegenden Wochen träumte mir des Öfteren, ich hätte die Reise abgebrochen und wäre zu Hause. Ich war todunglücklich über diesen Schritt und wachte in diesem Moment meist auf. Der Traum war so realistisch, dass ich jeweils Minuten brauchte, um zu begreifen, dass ich nicht im kleinen Zimmer in Heubach bzw. im Schlafzimmer in Markgröningen lag. CP bei Algeciras, Samstag, 14.05.1983, 19:00 Seit zwei Monaten bin ich jetzt unterwegs. Mir bleiben günstigenfalls noch zwei Wochen. Ich schaue mir bereits mögliche Abreisebahnhöfe auf der Karte an. Ich hoffe es ist Lagos am Westzipfel der Algarve, und ich hoffe dass die Fahrt die Atlantikküste entlang reizvoller ist als an der öden Costa del Sol. Am gestrigen Tag: Nichts von Bedeutung, ein Essen im Restaurant, vielleicht zwei Stunden am Strand im heißen Sand. Melancholischer Tag, wie schon die beiden vorangegangenen. Drei kleine französische Kinder, die den ganzen Tag über angeschnauzt werden, kommen zu mir und hören zu wie ich für sie Bettina Wegeners „Kinder“ spiele. Nachdem ich am gestrigen Nachmittag endlich mal wieder das Fahrrad ausgerichtet und geölt hatte, machte sich das heute deutlich bemerkbar. Die ersten 30 km vergingen rasch. Ab etwa Kilometer 35 kam jedoch ein ziemlicher Einbruch an einigen, eigentlich nicht zu steilen Hügeln. Die Kondition lässt, wie schon die Tage zuvor, etwas zu wünschen übrig; alles kann ich nicht dem Gegenwind anlasten. Nach weiteren 15 km ging es jedoch wieder, auf den letzten 10 km ging sogar noch etwas die Post ab. Der Felsen von Gibraltar ist tatsächlich nur ein Felsrücken, der fast ganz isoliert im Meer liegt, ich hatte mir die Verbindung zum Festland breiter und höher liegend vorgestellt. Aus einem Ausflug nach Tanger wird wohl nichts: Er ist mir schlicht zu teuer. Es kühlt immer mehr ab, ich musste, zum ersten Mal seit ich in Spanien bin, mit Pullover und langen Hosen fahren. Und heute Abend friert es mich sogar in einem dicken Pullover. Mein Zelt steht etwa sechs Meter neben einer stark befahrenen Straße. CP bei Tarifa, Sonntag, 15.05.1983, 20:30 Das war der bisher lauteste CP gewesen. Am Abend waren noch meine Zeltnachbarn der Meinung, sie müssten ihre Umgebung mit lauter Musik erquicken, die sie aus einem zu diesem Zweck auf die Motorhaube ihres Autos gestellten Lautsprecher erschallen ließen. Gegen 22 Uhr bat ich mir einen um 20 db verringerten Schalldruck aus. In der Nacht schlief ich aufgrund des starken Verkehrslärmes, der auch noch nach 2 Uhr morgens mit Huptönen gewürzt war, nur etappenweise. Die Radtagesetappe enthielt dann eine Passhöhe von 340m, die nicht von Pappe war. Es offenbart sich mir zunehmend deutlicher, dass mir die Lust am Radfahren vergeht. Der CP in Tarifa ist wirklich herrlich gelegen, oberhalb eines sehr schönen Strandes, mit Blick auf die marokkanischen Berge. Ich schlug deshalb mein Zelt direkt an der zum Strand abfallenden Küste auf, so dass ich aus dem Zeltinnern Sicht auf Tarifa und auf Marroko habe. Ich wunderte mich noch, weshalb niemand außer mir auf den Gedanken kam, so weit vorne zu campieren. Inzwischen ists mir klar. Der Wind muss nur für kurze Zeit weggewesen sein. Inzwischen kann man sich hier nur noch im Zelt aufhalten, so stark bläst der Wind. Der CP scheint ein Mekka der Windsurfer zu sein, von seinen Bewohnern ist aber kaum etwas zu sehen. Die Müdigkeit, die mich seit Tagen plagt, hält mich auch heute im Griff. Lege ich mich jedoch zum Schlafen hin, bin ich hellwach. Der CP bietet keine Abwechslung. Wäre ich motorisiert, würde ich einen Abstecher zum vier Kilometer entfernten Tarifa machen, das ich heute sang- und klanglos durchfahren habe. Für das Rad bin ich zu müde; seit Tagen ist meine gesamte Beinmuskulatur verkrampft, verhärtet. Was mir sehr fehlt, sind menschliche Kontakte, die nicht nur oberflächlicher Art sind. Streicheleinheiten. Liebe. CP bei Puerto Real/Cadiz, Dienstag, 17.05.1983, 20:30 Meine Streicheleinheiten bekam ich an dem Abend doch noch: Ein junges Kätzchen sprang in meinen Schoß, als ich bei kaltem Wind vor dem Zelt saß. Sie schmuste ausgiebig, insbesondere mein Bart hatte es ihr angetan. Am nächsten Morgen grauer Himmel und starker Westwind. Westen ist meine Reiserichtung, eine Weiterfahrt war unmöglich. Der Wind nötigte mich auch, mein Zelt weiter nach hinten unter einem Baum zu verlegen. Am Nachmittag raffte ich mich auf Tarifa zu besuchen. Wenn schon nicht mit dem Rad, dann auf Schusters Rappen. Es war Ebbe, ich wanderte bei passablem Wetter (bis auf den Wind, der die Brille ständig mit Gischt beschlug) am Strand entlang. Es stellte sich allerdings heraus, dass es keine 4 km, sondern eher 7 – 8 km bis nach Tarifa waren. Ich war guten Mutes dennoch, auch wenn sich der Himmel wieder bewölkte. Das Abwasserareal der Stadt war auch bald überquert, ich war in Tarifa. Die Halbinsel Punta Marroqui, der südlichste Punkt des europäischen Festlandes, war nicht zu betreten, da militärische Zone. Das Städtchen, welches bei der raschen Durchfahrt am Vortag arabisch leuchtend weiß erschien, erschien nun arabisch schmutzig und öde. Ich trat wieder den Heimweg an. Inzwischen war Flut. CP bei Puerto Real/Cadiz, Mittwoch, 18.05.1983, 11:00 Die ebenso notwendige wie mühevolle und zeitaufwändige Pflicht des Wäschewaschens unterbrach mich gestern. Ich hatte bei der Schilderung des Hinweges eine nicht uninteressante Episode vergessen: Ich stand plötzlich vor einem etwa 6 – 7 m breiten Pril, der landeinwärts strömte und sich dort zu einem See verbreiterte. Diesen See zu umgehen hätte etwa zwei Kilometer Umweg bedeutet. Die Färbung des Prils verriet, dass er alles andere als flach war, und den Versuch, mit ausgezogenen Schuhen und hochgekrempelter Hose durchzuwaten, brach ich bald ab. Ich zog die Hose aus, hielt diese, Schuhe sowie Kamera über mich und versuchte es in der Unterhose. Ich hatte schon über die Hälfte geschafft, als es noch mal deutlich tiefer wurde und ich bis zur Brust im Wasser stand. Zurück, 300 m zurück, das Ganze an einer flacheren Stelle. Auf der anderen Seite: Pullover, Hemd, Unterhemd, Unterhose ausziehen und auswringen, mit kaltem Wind als Dreingabe. Aber zurück zum Heimweg. Inzwischen war also Flut, die Zahl der Prile hatte sich stark erhöht, Umweg auf Umweg war notwendig. Schließlich versperrte ein Fluss, der Rio Jara, der bei Ebbe keine Verbindung mit dem Meer hatte, endgültig den Weg. Ich musste hoch auf die Küstenstraße. Auf dem letzten Kilometer begann es kräftig an zu regnen. Leider riss sich noch ein belichteter Film in der Kamera von der Spule los, ich fummelte ein halbes Stündchen unter dem Schlafsack herum, brachte ihn jedoch nicht wieder in die lichtdichte Spule hinein. Hoffentlich erfüllt die Agfa-Umkehranstalt meinen Wunsch, die Sendung nur in der Dunkelkammer zu öffnen. Kaum Wind am nächsten Morgen, der Himmel höchstens zur Hälfte bewölkt. Sanfte Hügel und nur leiser Gegenwind ermöglichten eine flotte Geschwindigkeit, die rot-weißen Kilometersteine linkerhand der N 340  huschten nur so vorbei. Die körperliche Verfassung überraschte auch den restlichen Tag positiv. Gegen 15:30 bereits war das Tagesziel erreicht, ein CP in Conil. Er war geschlossen, wie mir ein Stummer offenbarte. Das war mir gar nicht so unrecht, und ich packte die nächsten 35 km bis Puerto Real an, Tagesstrecke somit 97 km. Kein Bier unterwegs = keine Appetitanregung = nur wenige Kekse unterwegs = gute Kondition? Der CP: Winzig, nur wenige Caravans, übersät mit Korbblütlern, v.a. mediterrane Kamillenarten. Auch auf der Fahrt hierher sah ich wunderschöne Blumentrockenrasen. Besonders schön war die Melange aus creme-lila Ackerwinden und einer glutroten Kleeart.
Siegfried Trapp
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CP bei Estepona, Freitag, 13.05.1983, 10:00 Sie war es auch gestern nicht, mit Ausnahme eines schönen Vesperplatzes unter Apfelsinenbäumen. Das Tagesziel lag nur ca. 40 km entfernt, das war bei dem Gegenwind auch gut so. Abends: Wieder todmüde, trotzdem reichte es noch zu einem Skat mit dem Pärchen von nebenan. Beide um die 25, beide Verwaltungsbeamte, gespielt wurde mit einem Blatt, das auf der Rückseite mit dem Konterfei eines gewählt werden möchtenden CDU- Politikers geziert war. Wenig erquickend. Der CP ist zumindest für diese Jahreszeit einer der besten bisher: Angenehm belebt, sanitär gut, Schwimmbad, Pinien und Eukalyptusbäume spenden Schatten, ein nicht sehr verschmutzter Strand. Trotzdem hängt mir die Camplerei mehr und mehr zum Hals heraus. Ein Hotelzimmer hat auch seine Vorteile. Gestern Abend kühlte es merklich ab, auf vielleicht 17 °C. Heute Morgen ist der Himmel bedeckt, das erste Mal seit 12 Tagen. Vergangenheit und Zukunft holen mich langsam ein: Das Gespräch am gestrigen Abend beinhaltete auch die Lehrerarbeitslosigkeit; in der vergangenen Nacht wurde ich mit etwas Alptraumartigen aus dem Schulalltag beschert. Apropos Träume: In weiter zurückliegenden Wochen träumte mir des Öfteren, ich hätte die Reise abgebrochen und wäre zu Hause. Ich war todunglücklich über diesen Schritt und wachte in diesem Moment meist auf. Der Traum war so realistisch, dass ich jeweils Minuten brauchte, um zu begreifen, dass ich nicht im kleinen Zimmer in Heubach bzw. im Schlafzimmer in Markgröningen lag. CP bei Algeciras, Samstag, 14.05.1983, 19:00 Seit zwei Monaten bin ich jetzt unterwegs. Mir bleiben günstigenfalls noch zwei Wochen. Ich schaue mir bereits mögliche Abreisebahnhöfe auf der Karte an. Ich hoffe es ist Lagos am Westzipfel der Algarve, und ich hoffe dass die Fahrt die Atlantikküste entlang reizvoller ist als an der öden Costa del Sol. Am gestrigen Tag: Nichts von Bedeutung, ein Essen im Restaurant, vielleicht zwei Stunden am Strand im heißen Sand. Melancholischer Tag, wie schon die beiden vorangegangenen. Drei kleine französische Kinder, die den ganzen Tag über angeschnauzt werden, kommen zu mir und hören zu wie ich für sie Bettina Wegeners Kinder“ spiele. Nachdem ich am gestrigen Nachmittag endlich mal wieder das Fahrrad ausgerichtet und geölt hatte, machte sich das heute deutlich bemerkbar. Die ersten 30 km vergingen rasch. Ab etwa Kilometer 35 kam jedoch ein ziemlicher Einbruch an einigen, eigentlich nicht zu steilen Hügeln. Die Kondition lässt, wie schon die Tage zuvor, etwas zu wünschen übrig; alles kann ich nicht dem Gegenwind anlasten. Nach weiteren 15 km ging es jedoch wieder, auf den letzten 10 km ging sogar noch etwas die Post ab. Der Felsen von Gibraltar ist tatsächlich nur ein Felsrücken, der fast ganz isoliert im Meer liegt, ich hatte mir die Verbindung zum Festland breiter und höher liegend vorgestellt. Aus einem Ausflug nach Tanger wird wohl nichts: Er ist mir schlicht zu teuer. Es kühlt immer mehr ab, ich musste, zum ersten Mal seit ich in Spanien bin, mit Pullover und langen Hosen fahren. Und heute Abend friert es mich sogar in einem dicken Pullover. Mein Zelt steht etwa sechs Meter neben einer stark befahrenen Straße. CP bei Tarifa, Sonntag, 15.05.1983, 20:30 Das war der bisher lauteste CP gewesen. Am Abend waren noch meine Zeltnachbarn der Meinung, sie müssten ihre Umgebung mit lauter Musik erquicken, die sie aus einem zu diesem Zweck auf die Motorhaube ihres Autos gestellten Lautsprecher erschallen ließen. Gegen 22 Uhr bat ich mir einen um 20 db verringerten Schalldruck aus. In der Nacht schlief ich aufgrund des starken Verkehrslärmes, der auch noch nach 2 Uhr morgens mit Huptönen gewürzt war, nur etappenweise. Die Radtagesetappe enthielt dann eine Passhöhe von 340m, die nicht von Pappe war. Es offenbart sich mir zunehmend deutlicher, dass mir die Lust am Radfahren vergeht. Der CP in Tarifa ist wirklich herrlich gelegen, oberhalb eines sehr schönen Strandes, mit Blick auf die marokkanischen Berge. Ich schlug deshalb mein Zelt direkt an der zum Strand abfallenden Küste auf, so dass ich aus dem Zeltinnern Sicht auf Tarifa und auf Marroko habe. Ich wunderte mich noch, weshalb niemand außer mir auf den Gedanken kam, so weit vorne zu campieren. Inzwischen ists mir klar. Der Wind muss nur für kurze Zeit weggewesen sein. Inzwischen kann man sich hier nur noch im Zelt aufhalten, so stark bläst der Wind. Der CP scheint ein Mekka der Windsurfer zu sein, von seinen Bewohnern ist aber kaum etwas zu sehen. Die Müdigkeit, die mich seit Tagen plagt, hält mich auch heute im Griff. Lege ich mich jedoch zum Schlafen hin, bin ich hellwach. Der CP bietet keine Abwechslung. Wäre ich motorisiert, würde ich einen Abstecher zum vier Kilometer entfernten Tarifa machen, das ich heute sang- und klanglos durchfahren habe. Für das Rad bin ich zu müde; seit Tagen ist meine gesamte Beinmuskulatur verkrampft, verhärtet. Was mir sehr fehlt, sind menschliche Kontakte, die nicht nur oberflächlicher Art sind. Streicheleinheiten. Liebe. CP bei Puerto Real/Cadiz, Dienstag, 17.05.1983, 20:30 Meine Streicheleinheiten bekam ich an dem Abend doch noch: Ein junges Kätzchen sprang in meinen Schoß, als ich bei kaltem Wind vor dem Zelt saß. Sie schmuste ausgiebig, insbesondere mein Bart hatte es ihr angetan. Am nächsten Morgen grauer Himmel und starker Westwind. Westen ist meine Reiserichtung, eine Weiterfahrt war unmöglich. Der Wind nötigte mich auch, mein Zelt weiter nach hinten unter einem Baum zu verlegen. Am Nachmittag raffte ich mich auf Tarifa zu besuchen. Wenn schon nicht mit dem Rad, dann auf Schusters Rappen. Es war Ebbe, ich wanderte bei passablem Wetter (bis auf den Wind, der die Brille ständig mit Gischt beschlug) am Strand entlang. Es stellte sich allerdings heraus, dass es keine 4 km, sondern eher 7 – 8 km bis nach Tarifa waren. Ich war guten Mutes dennoch, auch wenn sich der Himmel wieder bewölkte. Das Abwasserareal der Stadt war auch bald überquert, ich war in Tarifa. Die Halbinsel Punta Marroqui, der südlichste Punkt des europäischen Festlandes, war nicht zu betreten, da militärische Zone. Das Städtchen, welches bei der raschen Durchfahrt am Vortag arabisch leuchtend weiß erschien, erschien nun arabisch schmutzig und öde. Ich trat wieder den Heimweg an. Inzwischen war Flut. CP bei Puerto Real/Cadiz, Mittwoch, 18.05.1983, 11:00 Die ebenso notwendige wie mühevolle und zeitaufwändige Pflicht des Wäschewaschens unterbrach mich gestern. Ich hatte bei der Schilderung des Hinweges eine nicht uninteressante Episode vergessen: Ich stand plötzlich vor einem etwa 6 – 7 m breiten Pril, der landeinwärts strömte und sich dort zu einem See verbreiterte. Diesen See zu umgehen hätte etwa zwei Kilometer Umweg bedeutet. Die Färbung des Prils verriet, dass er alles andere als flach war, und den Versuch, mit ausgezogenen Schuhen und hochgekrempelter Hose durchzuwaten, brach ich bald ab. Ich zog die Hose aus, hielt diese, Schuhe sowie Kamera über mich und versuchte es in der Unterhose. Ich hatte schon über die Hälfte geschafft, als es noch mal deutlich tiefer wurde und ich bis zur Brust im Wasser stand. Zurück, 300 m zurück, das Ganze an einer flacheren Stelle. Auf der anderen Seite: Pullover, Hemd, Unterhemd, Unterhose ausziehen und auswringen, mit kaltem Wind als Dreingabe. Aber zurück zum Heimweg. Inzwischen war also Flut, die Zahl der Prile hatte sich stark erhöht, Umweg auf Umweg war notwendig. Schließlich versperrte ein Fluss, der Rio Jara, der bei Ebbe keine Verbindung mit dem Meer hatte, endgültig den Weg. Ich musste hoch auf die Küstenstraße. Auf dem letzten Kilometer begann es kräftig an zu regnen. Leider riss sich noch ein belichteter Film in der Kamera von der Spule los, ich fummelte ein halbes Stündchen unter dem Schlafsack herum, brachte ihn jedoch nicht wieder in die lichtdichte Spule hinein. Hoffentlich erfüllt die Agfa-Umkehranstalt meinen Wunsch, die Sendung nur in der Dunkelkammer zu öffnen. Kaum Wind am nächsten Morgen, der Himmel höchstens zur Hälfte bewölkt. Sanfte Hügel und nur leiser Gegenwind ermöglichten eine flotte Geschwindigkeit, die rot-weißen Kilometersteine linkerhand der N 340  huschten nur so vorbei. Die körperliche Verfassung überraschte auch den restlichen Tag positiv. Gegen 15:30 bereits war das Tagesziel erreicht, ein CP in Conil. Er war geschlossen, wie mir ein Stummer offenbarte. Das war mir gar nicht so unrecht, und ich packte die nächsten 35 km bis Puerto Real an, Tagesstrecke somit 97 km. Kein Bier unterwegs = keine Appetitanregung = nur wenige Kekse unterwegs = gute Kondition? Der CP: Winzig, nur wenige Caravans, übersät mit Korbblütlern, v.a. mediterrane Kamillenarten. Auch auf der Fahrt hierher sah ich wunderschöne Blumentrockenrasen. Besonders schön war die Melange aus creme-lila Ackerwinden und einer glutroten Kleeart.
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